(M)ein Stück Dorf
von Claudia Grob, Corinna Huber, Thomas Pabst, Bernd Schneider, Carolin Schneider, Stefan Volkmuth, Martina Weiß
Inhalt
Wipfeld ist ein Dorf wie viele andere, so scheint es. Lernt man das Örtchen aber kennen, zeigen sich einige Besonderheiten. Eine Bürgersprechanlage, die durchs Dorf schallt, ein Literaturhaus fast wie in München, eine Fähre, die den Main überquert. Sie mag störanfällig sein, hat aber Tradition und Kultstatus. Warum etwas ändern?
Gemeinderat Klaus sieht das anders. Wipfeld kann nur zukunftsfähig sein, wenn die Anbindung über den Main gesichert ist. Er stachelt die Bürgermeisterin an und beide sind sich einig: Eine Brücke muss her. Der Vorschlag wird im Gemeinderat heftig diskutiert. Hans, der seine Tochter Jutta im Dorf halten möchte und deshalb um einen Bauplatz für sie kämpft, vermutet hinter Klaus‘ angeblichen Visionen reines Eigeninteresse. Ursula ist sich wie so oft nicht sicher, ob sie eine Brücke nun gut oder schlecht finde. Andrea versucht Ordnung in das Hin und Her zu bringen, doch Konni sorgt sich lieber um das leibliche Wohl seiner Kollegen und gibt seine Dichtkunst zum Besten. Schließlich einigt man sich, einen Wettbewerb auszurufen und das Bauvorhaben an den besten Entwurf zu vergeben. Während im Gemeinderat gerauft wird, trifft sich Jutta heimlich in den Weinbergen mit ihrem Rudi. Ihr Vater Hans weiß zwar um ihre Baupläne, aber nicht um ihren Liebsten. Rudi ist Schwanfelder. Als dann der Architekt der Brücke im Dorf auftaucht ist Jutta völlig durch den Wind und die junge Liebe gerät in die Krise. Die Brücke ist im Dorf ein großes Thema. Fährmann Schorsch fürchtet um seinen Arbeitsplatz, Winzerin Agathe um ihre Weinberge. Die NVW Vorständin hingegen befürwortet die Öffnung über den Main und Else versucht, nichts an Infos zu verpassen. Zwei Fronten bilden sich und eine Eskalation um Brücke oder Nicht-Brücke steht kurz bevor. Im Getüm-mel erwachen schließlich in den Gemeinderäten plötzlich Stimmen, die eigentlich zu Toten gehören.
(M)ein Stück Dorf wirft einen Blick auf Wipfeld, der zwar von der Wirklichkeit inspiriert ist, aber weit mehr zeigt als die Belange eines kleinen Ortes und seiner Bewohner. Zwischen Weinkisten, Küchenlatein, Mainsteinunken und Besuchen aus der Vergangenheit versucht es zu erfassen, was das Dorf in seinen Eigenheiten auszeichnet und so liebenswert macht.
Konzept
Wir wollen Wipfelds Dorfjubiläum mitgestalten, aber mit einer Form, die uns zwar vertraut, für solch eine Festlichkeit jedoch ungewöhnlich scheint: Theater. Das Theater verstehen wir dabei nicht als reine Unterhaltung. Von Beginn an sollten Wipfelderinnen und Wipfelder beteiligt sein, um so im Prozess des Stückschreibens, Bühnenbaus, Kostümdesgins und Spielens Wipfeld mit 1100 Jahren auf dem Buckel im Heute zu erforschen, zu hinterfragen und greifbar zu machen. Bei der Projektpräsentation im August 2017 stellten wir lediglich einen Rahmen für die Zusammenarbeit vor. Das Logo der Bürgerbühne Wipfeld symbolisiert diesen Rahmen als einen schwarzen Kasten, der im Bühnenbild als großer Holzkasten umgesetzt wurde. Die Farbkleckse in der Mitte des Kastens in den Farben des Wipfelder Gemeindelogos sind unser Inhalt. Sie stehen für die vielen Ge-schichten, Ideen und Gedanken, die im Dorf existieren und wir zu bündeln versuchen, um daraus Theater zu machen. Der schwarze Bogen durch den Kasten erinnert an den Main als markantes Element des Dorfbildes. Schön und gut, doch sehr abstrakt. Gibt’s denn nichts Konkretes? Dieser Frage mussten wir uns zu Recht immer wieder stellen. Natürlich, ein Konzept allein schreibt noch kein Theater-stück. Doch war das Ziel klar: der 9. Juni 2018 und die Menschen, die den Kasten füllen werden. Diese Menschen wollten wir zunächst kennenlernen. Als Basis für unsere Arbeit und um uns als Außenstehende ein Bild von Wipfeld zu machen, entwickelten wir einen Fragebogen. Wovon hat Wipfeld genug? Was fehlt in Wipfeld? Wie beschreibst du Wipfeld, wenn du im Urlaub bist?
Diese und mehr Fragen sollten uns einen Einblick geben in die Themen, die im Dorf verhandelt werden. Denn Wipfeld biete zwar mit seiner langen Geschichte und den literarischen Söhnen des Dorfes etliches an Material für ein historisches Stück, aber was das Dorf hier und heute auszeichnet, lässt sich nur von seinen Bewohnerinnen und Bewohnern erfahren und auch nur von ihnen glaubwürdig beschreiben. Mit den Erkenntnissen aus der Umfrage fing dann die Textgruppe an, Szene für Szene (M)ein Stück Dorf zu entwerfen.